Ein starkes Comeback im vierten Viertel genügte nicht, um die zweite Heimniederlage in Folge zu verhindern: s.Oliver Würzburg hat im Kellerduelle gegen die Basketball Löwen Braunschweig in den letzten sieben Minuten einen Rückstand von 16 Punkten aufgeholt. Aigars Skele konnte die Partie nach einem Ballgewinn 11,4 Sekunden vor Schluss ausgleichen, bevor Nationalspieler David Krämer mit einer Sekunde auf der Uhr für Braunschweig den entscheidenden Freiwurf zum Endstand von 86:87 (36:43) traf und eine mögliche Verlängerung verhinderte.
„Es ist völlig egal, was am Ende passiert ist. Wir haben uns zurückgekämpft, aber das Spiel haben wir davor verloren. Ein Basketballspiel dauert vierzig Minuten, nicht zwanzig. Wir haben die erste Halbzeit verschlafen, das hat uns die Chance auf den Sieg gekostet“, sagte Tomasz Gielo nach dem Spiel bei Magenta Sport. Der polnische Nationalspieler war mit 19 Punkten bester Werfer der Partie. Auf Würzburger Seite trafen außerdem Aigars Skele (17), Desi Rodriguez (15) und William Buford (13) zweistellig, bei Braunschweig ragten neben Krämer Tookie Brown und Martin Peterka mit jeweils 18 Zählern heraus.
Im ersten Geister-Heimspiel der laufenden Saison - im Freistaat Bayern sind derzeit Zuschauer bei überregionalen Sportarten komplett verboten - starteten die Gastgeber, die im Gegensatz zu den Niedersachsen bereits eine Woche zuvor in Ludwigsburg vor leeren Tribünen gespielt hatten, besser in die Partie: William Buford und Filip Stanic sorgten für eine 5:0-Führung nach zwei gespielten Minuten. Dann fanden auch die Braunschweiger ihren offensiven Rhythmus, unter anderem dank einer deutlich besseren Freiwurfquote als in den letzten Spielen wuchs die Führung von s.Oliver Würzburg nach einem Buford-Dreier und einem Fastbreak-Korbleger von Aigars Skele aber schnell auf sieben Zähler (18:11, 6. Minute).
Noch vor der ersten Viertelpause konnte Braunschweig durch Ondrej Sehnal und Benedikt Turudic auf 23:20 verkürzen. Zu Beginn des zweiten Abschnitts trafen die Gäste dann vier Dreier in Folge und stellten den Spielstand mit einem viertel-übergreifenden 16:4-Lauf auf 27:32. Trotz einer Auszeit von Headcoach Denis Wucherer hatten die Hausherren dann auch im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit häufig Probleme, im Angriff zu brauchbaren Abschlüssen zu kommen. „Wir haben im zweiten Viertel den Faden komplett verloren und angefangen, die Bälle zum Gegner zu werfen“, sagte Wucherer hinterher. Symptomatisch für den Verlauf des zweiten Viertels war eine Aktion von Desi Rodriguez, der sich im Fastbreak den Ball von Luc Van Slooten abnehmen ließ, nachdem er dem 19-jährigen Braunschweiger zuvor auf der anderen Seite das Spielgerät entwendet hatte.
Dazu kam eine schlechte Würzburger Dreierquote in der ersten Halbzeit, so dass die Gäste sich kurz vor dem Seitenwechsel zum ersten Mal einen zweistelligen Vorsprung herauswerfen konnten (29:42, 18. Minute). Erste Anzeichen einer Aufholjagd gab es noch vor der Pause - beim Stand von 36:43 aus Würzburger Sicht ging es in die Kabinen. Im dritten Viertel wurde das Spiel dann teilweise zum offenen Schlagabtausch, so dass s.Oliver Würzburg weiterhin einem Rückstand hinterherlaufen musste. Tomasz Gielo traf die ersten beiden seiner fünf Dreier in der 25. Minute und verkürzte damit auf 46:53. Kleiner wurde der Rückstand zunächst nicht, weil die Basketball Löwen immer eine passende Antwort auf erfolgreiche Würzburger Aktionen fanden und weiterhin stark von außen trafen - zweimal David Krämer und zweimal Tookie Brown waren es in dieser Phase der Partie.
Einen weiteren Drei-Punkte-Treffer für die Gäste markierte Robin Amaize zum Start ins letzte Viertel. Zwei Minuten später humpelte William Buford mit einer Verletzung vom Spielfeld, und Nicholas Tischler sorgte mit zwei Freiwürfen für die höchste Löwen-Führung im Spiel (56.72, 33. Minute). Die finale Aufholjagd leitete zu diesem Zeitpunkt Tomasz Gielo, der 17 seiner 19 Punkte in der zweiten Halbzeit erzielte, mit seinem vierten Dreier ein. Fünf Minuten vor dem Ende lag s.Oliver Würzburg noch mit 65:80 hinten, legte dann aber einen 10:0-Lauf aufs Parkett, den Gäste-Coach Jesús Ramirez auch durch zwei Auszeiten nicht stoppen konnte.
Die Gastgeber zeigten jetzt auch vor leeren Rängen die Aggressivität, die ihnen mit Unterstützung ihrer Fans unter anderem zu zwei Heimsiegen gegen Oldenburg und den FC Bayern München verholfen hatte. Zwar konnten sich die Braunschweiger durch einen Peterka-Dreier und einen Sprungwurf von Tookie Brown zunächst wieder auf 77:86 absetzen (39. Minute), in den letzten 60 Sekunden drückte dann aber Cameron Hunt der Partie seinen Stempel auf: Er erzielte sieben Punkte in Folge zum 84:86, und damit war 15,7 Sekunden vor dem Ende wieder alles offen.
Nach einer Braunschweiger Auszeit gelang es dann Aigars Skele und Desi Rodriguez gemeinsam, den Einwurf der Gäste zu klauen - Skele konnte mit 11,2 Sekunden auf der Uhr völlig ungestört per Korbleger den 86:86-Ausgleich erzielen. Beim letzten Löwen-Angriff nahm Tookie Brown einen gut verteidigten Dreier, der am Ring der Würzburger Korbanlage landete. Den Abpraller konnte sich David Krämer schnappen, der dabei von Cameron Hunt gefoult wurde - eine Sekunde war da noch zu spielen. Den ersten Freiwurf traf der Nationalspieler, den zweiten setzte er absichtlich daneben und sicherte so den Braunschweiger Auswärtssieg.
s.Oliver Würzburg - Basketball Löwen Braunschweig 86:87 (23:20, 13:23, 20:24, 30:20)
Für s.Oliver Würzburg spielten:
Tomasz Gielo 19 Punkte/5 Dreier, Aigars Skele 17/2 (6 Assists), Desi Rodriguez 15 (7 Rebounds), William Buford 13/1, Cameron Hunt 7, Filip Stanic 6, Craig Moller 5 (8 Rebounds), Luciano Parodi 4 (5 Assists/4 Steals), Felix Hoffmann, Alex King, Julian Albus.
Top-Performer Braunschweig:
Tookie Brown 18/2, Martin Peterka 18/4, David Krämer 14/3 (3 Steals), Owen Klassen 10, Benedikt Turudic 6 (9 Rebounds), Ondrej Sehnal 3 (8 Ass.).
Key Stats:
Offensivrebounds: Würzburg 7 - Braunschweig 13
Assists: Würzburg 17 - Braunschweig 23
Dreierquote: Würzburg 36 Prozent (8 von 22) - Braunschweig 46 Prozent (12 von 26)
Stimmen zum Spiel
Tomasz Gielo, s.Oliver Würzburg:
„Es ist völlig egal, was ganz am Ende passiert ist. Wir haben uns zurückgekämpft, aber das Spiel haben wir davor verloren. Ein Basketballspiel dauert 40 Minuten, nicht nur 20. Wir haben die erste Halbzeit verschlafen, das hat uns die Chance auf den Sieg gekostet. Unsere Mannschaft hat das Potenzial. Es ist kein Zufall, dass wir in vielen Spielen wie heute am Ende noch einmal hart gekämpft haben und zurückgekommen sind. Es liegt an uns Spielern, 40 Minuten lang alles zu geben und fokussiert zu sein. Am Ende ist Basketball ganz einfach: Du musst deine Punkte machen und verhindern, dass der Gegner mehr Punkte macht. Damit haben wir im Moment Probleme.“
Denis Wucherer, Headcoach s.Oliver Würzburg:
„Wir haben leider im zweiten Viertel den Faden komplett verloren. In dieser Phase ist uns der Rhythmus, der im ersten Viertel sehr ordentlich war, komplett abhanden gekommen und wir haben angefangen, den Ball zum Gegner zu werfen. Über unsere Aggressivität haben wir das Spiel in den letzten Minuten noch einmal eng gemacht. Wir hatten aber 21 Ballverluste und nur 17 Assists. Das ist eine Kombination, die selten gut ausgeht, und dazu hatten wir auch zu wenige Rebounds. Dadurch haben wir zu selten auf den Korb geworfen, und unsere Wurfquote war nicht ausreichend, um so ein Spiel zu gewinnen. Mit Zuschauern hätten wir alleine schon von der Atmosphäre ein ganz anderes Spiel erlebt. Wir waren gerade im ersten Viertel gut genug, um unsere Fans mit auf die Reise zu nehmen, und dann wäre der Einbruch im zweiten Viertel wahrscheinlich so nicht passiert.“
Jesús Ramirez, Headcoach Basketball Löwen Braunschweig:
„Wir haben heute über 34 oder 35 Minuten einen guten Job gemacht. Die Mannschaft hat sich in einigen Aspekten verbessert, an denen wir jeden Tag hart arbeiten, vor allem bei den Rebounds und in der Verteidigung. Ich könnte viele Spieler erwähnen: Martin Peterka holt sechs Rebounds, Ondrej Sehnal hat acht Assists und hat unser Angriffsspiel kontrolliert, außer in den letzten drei Minuten. Wir sind damit zufrieden, dass Spiel gewonnen zu haben. Mit Fans in der Halle wäre das heute aber eine ganz andere Situation gewesen und wir hätten das Spiel hundertprozentig verloren. Ich bin zufrieden, weil wir besser gespielt haben als in den letzten beiden Spielen. Was wir dann aber in den letzten Minuten gemacht haben, darf einfach nicht passieren. Daran müssen wir weiter arbeiten.“