Eine schwache Phase in der zweiten Halbzeit hat s.Oliver Würzburg jegliche Siegchance im Auftaktspiel der neuen Saison gekostet: Nach ausgeglichenen 26 Spielminuten war ein 24:5-Lauf der Gastgeber in den letzten vier Minuten des dritten Viertels entscheidend für eine deutliche 84:111-Niederlage bei den HAKRO Merlins Crailsheim. Headcoach Denis Wucherer sprach nach dem Spiel von einem „relativ großen kollektiven Breakdown“, der beim Spielstand von 59:59 durch sechs Punkte des ehemaligen Würzburgers Maurice Stuckey seinen Anfang nahm.
Topscorer der Begegnung war Crailsheims Terrell Harris mit 20 Punkten, Merlins-Spielmacher TJ Shorts legte mit 15 Zählern und 11 Assists ein „Double-Double“ auf. Beste Werfer auf Würzburger Seite in der Arena Hohenlohe waren Aigars Skele (19 Punkte), Cameron Hunt (13), Desi Rodriguez (13), Nicolas Carvacho (12) und William Buford (11).
Die knapp 2.000 Zuschauer, darunter auch gut 30 Würzburger Fans, waren von Beginn an voll da und zeigten den Akteuren auf dem Parkett, wie sehr sie sich darüber freuten, zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie vor mehr als einhalb Jahren wieder bei einem Pflichtspiel anwesend sein zu dürfen.
Die Stimmung schwappte von den Rängen auch von der ersten Sekunde an auf die Spieler über - beide Teams lieferten sich eine intensive und spielerisch starke erste Halbzeit auf Augenhöhe. Die ersten Würzburger Punkte der easyCredit BBL-Saison 2021/2022 erzielte Aigars Skele mit zwei erfolgreichen Freiwürfen in der 2. Minute, nachdem Jaren Lewis die Hausherren mit einem Dreier in Führung gebracht hatte.
Es war der erste von gleich fünf erfolgreichen Distanzwürfen der Merlins im ersten Viertel - zwei davon durch Center Bogdan Radosavljevic, der am Ende auf sechs Dreier und 18 Punkte kam. s.Oliver Würzburg hielt unter den Brettern dagegen, schnappte sich in den ersten zehn Minuten sechs Offensiv-Rebounds und spielte sich immer wieder gute Abschlüsse heraus - William Buford und Cameron Hunt taten sich in dieser Phase im Scoring besonders hervor und erzielten jeweils sieben Punkte.
85 Sekunden nach Beginn des zweiten Abschnitts hatten Lewis und TJ Shorts die „Zauberer“ mit 31:24 in Führung geworfen, als Denis Wucherer seine erste Auszeit nahm und seine Schützlinge wieder auf Kurs brachte. Zwei Minuten später hatte s.Oliver Würzburg den Spielstand mit einem 10:0-Lauf wieder gedreht - eingeleitet durch einen Dreier von Cameron Hunt, abgeschlossen durch einen Fastbreak-Korbleger von Desi Rodriguez samt Bonusfreiwurf zum 31:34.
Diesen Drei-Punkte-Vorsprung verteidigten die unterfränkischen Gäste dann auch bis zum Seitenwechsel - das zweite Viertel endete mit einem langen Zwei-Punkte-Treffer von Julian Albus und einem Skele-Korbleger zum Halbzeitstand von 47:50 aus Crailsheimer Sicht.
Sechs Punkte von Moe Stuckey bedeuten die Wende
Auch in den ersten sechs Minuten nach der Pause lieferten sich beide Teams weiter einen Schlagabtausch auf absoluter Augenhöhe - als SOW-Kapitän Felix Hoffmann in der 26. Minute einen Korbleger zum 59:59 traf, war das bereits der vierte unentschiedene Spielstand im dritten Viertel. Was dann folgte, war der Wendepunkt im Spiel: Ausgerechnet Maurice Stuckey, der bis 2018 insgesamt 164 BBL-Spiele für s.Oliver Würzburg bestritten hat, leitete mit zwei-Drei-Punkte-Würfen die entscheidende Phase der Partie ein.
Beim ersten Dreier wurde er von Nico Carvacho gefoult und versenkte alle drei Freiwürfe. Und weil die Unparteiischen nach längerem Video-Studium auf ein unsportliches Foul durch Würzburgs Center entschieden, blieben die Merlins im Ballbesitz und Stuckey traf den Dreier zum 65:59.
Dieses Sechs-Punkte-Spiel sorgte dafür, dass die Partie kippte und das Momentum komplett auf die Seite der Gastgeber wechselte. „Davon haben wir uns nie mehr erholen können, und so kam es dann zu einem relativ großen kollektiven Breakdown“, sagte Wucherer. Mit ihren frenetischen Zuschauern im Rücken gelang den Crailsheimern in den folgenden knapp vier Minuten des dritten Viertels alles, während auf Würzburger Seite die wachsende Verunsicherung zu spüren war und im Angriff kaum noch etwas funktionieren wollte.
Drei Dreier in Folge von Jared Savage schraubten den Vorsprung der Gastgeber schnell auf 15 Zähler (76:61, 29. Minute), und TJ Shorts beendete den dritten Abschnitt mit einem Buzzer-Dreier zum deutlichen Zwischenstand von 83:64.
Und auch zu Beginn des Schlussabschnitts blieben die Hausherren weiter voll auf dem Gaspedal. In dieser Phase war es Terrell Harris, der mit fünf Freiwürfen und zwei Korblegern nach Ballgewinnen neun Punkte in Folge erzielte und den Spielstand damit auf 92:66 stellen konnte - damit war das Spiel bereits in der 32. Minute entschieden. Cameron Hunt lieferte anschließend im Interview bei Magenta Sport eine kurze und präzise Erklärung: „Wir haben nach der Pause aufgehört, Basketball zu spielen. Das waren nicht mehr wir in der zweiten Halbzeit.“
HAKRO Merlins Crailsheim - s.Oliver Würzburg 111:84 (27:24, 20:26, 36:14, 28:20)
Für s.Oliver Würzburg spielten:
Aigars Skele 19 Punkte/2 Dreier, Cameron Hunt 13/2, Desi Rodriguez 13, Nicolas Carvacho 12 (6 Rebounds), William Buford 11/1 (4 Assists), Filip Stanic 4, Felix Hoffmann 3 (4 Assists), Craig Moller 3 (2 Blocks), Alex King 2, Julian Albus 2, Julius Böhmer 2 (3 Assists), Luciano Parodi.
Top-Performer Crailsheim:
T. Harris 20 (3 Steals), B. Radosavljevic 18/6, J. Lewis 16/1, J. Savage 15/4, TJ Shorts 15/1 (11 Assists), F. Bleck 13/2 (3 Steals).
Key Stats:
Ballgewinne: Würzburg 4 - Crailsheim 12
Ballverluste: Würzburg 22 - Crailsheim 14
Dreierquote: Würzburg 28 Prozent (5 von 18) - Crailsheim 50 Prozent (16 von 32)
Stimmen zum Spiel
Cameron Hunt, s.Oliver Würzburg:
„Wir haben nach der Pause aufgehört, Basketball zu spielen. Das waren nicht mehr wir in der zweiten Halbzeit. Wir waren nicht mehr konzentriert genug und auch im Angriff nicht mehr so kreativ wie in der ersten Halbzeit. Unsere gute Leistung aus der ersten Halbzeit können wir aber mitnehmen und darauf aufbauen. Das war heute nur das erste Spiel, wir werden jetzt sicher nicht in den Panikmodus schalten.“
Denis Wucherer, Headcoach s.Oliver Würzburg:
„Gratulation an Sebastian und sein Team zum verdienten Sieg. Crailsheim hat es geschafft, über vierzig Minuten mit Intensität zu spielen und uns zu 22 Ballverlusten zu zwingen. Zu Beginn des dritten Viertels hatten wir die Möglichkeit, auf unserer Halbzeit-Führung aufzubauen, da hatten wir einige gute Chancen und Stopps. Dann kam das Sechs-Punkt-Spiel von Maurice Stuckey. Davon haben wir uns nie mehr erholen können, und so kam es dann zu einem relativ großen kollektiven Breakdown. Mit so einem Viertel kannst du natürlich in der Bundesliga kein Spiel gewinnen.“
Sebastian Gleim, Headcoach HAKRO Merlins Crailsheim:
„Wir freuen uns sehr und widmen diesen ersten Sieg unseren Zuschauern, die eine sehr lange Durststrecke hatten und ein tolles Basketballspiel gesehen haben. Offensiv haben wir abgeliefert. Wir waren die meiste Zeit über bereit anzugreifen, Würfe zu nehmen und zu attackieren. Aber wir haben auch Phasen gesehen, in der wir noch nicht bereit genug gewesen sind. Defensiv sind wir mit der ersten Halbzeit nicht zufrieden. Würzburg hat fast alle 50-50 Bälle gewonnen. Das müssen wir besser machen. Insgesamt sind wir aber natürlich glücklich, mit so einem tollen Sieg in die Saison zu starten.“